Positionierung versus überbordenden Erwartungen
Führungskräfte sollen Vorbilder sein, stets leistungsfähig, müssen Komplexität durchdringen, die richtigen Aufgaben für den passenden
Mitarbeiter parat haben und dafür sorgen, dass die Teammitglieder kooperieren, einander vertrauen, kreativ sind, herausragende Leistungen erzielen und sich weiterentwickeln. Veränderungsprozesse
müssen gestemmt werden, der Kulturwandel vorangetrieben... Auch wertebasierte und emotionale Führung rücken in den Fokus, Fehler und Schwächen sollen thematisiert und fehlerfreundliche Kulturen
etabliert werden - die lernende Organisation wird propagiert.
Die Märkte verändern sich bekanntlich schnell, die Anpassung soll mithilfe agiler Methoden erfolgen, und dazu braucht es das agile Mindset.
Aber es soll auch eine Prise transaktionaler Führungsstil enthalten sein, also positive Verstärkung und Sanktionierung, und das im Gespann mit der transformationalen Führung, die Visionen beschreibt,
Charisma verlangt und das Hinterfragen bestehender Werte und Normen, um innovatives Denken zu fördern. Ganz aktuell ist es gefragt, die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen zu lassen und
die Grundbedürfnisse der Mitarbeitenden zu beachten: Neuroleadership ist im Kommen.
Eine gute Führungskraft ist optimalerweise auch Coach, hervorragender Kommunikator und Konfliktmanager.
Und bei alledem soll die Führungskraft stets motiviert sein, authentisch, aus sich selbst heraus Kraft schöpfen, sich vor allem selbst gut führen, sich kontinuierlich in Frage stellen ohne sich dabei
selbst abhanden zu kommen und die eigene Identität zu verlieren...
Gute Führungsarbeit basiert auf Stabilität und Veränderung, auf Nähe und Distanz, auf Autonomie und Zugehörigkeit, auf Eigenverantwortung und Kontrolle. Und das ist nur die Spitze des
Eisbergs... Es geht um das Austarieren der entgegengesetzten Pole dieser und anderer Dimensionen - um das Aushalten von Widersprüchen und um den Umgang mit Dilemmata.
Mikropolitisches Agieren zum Aufbau von Netzwerken steht im Zentrum, es geht um Machterhalt, den Umgang mit Machtspielen - trotz aller
Offensichtlichkeit immer noch mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt - "Spiele", die eher "hinter der Bühne" stattfinden. Offiziell sind die Hierarchien flach und Teams sollen lernen sich selbst zu
führen - Führung rolliert je nach Aufgabenstellung.
Aufgrund dieses komplexen Geflechts aus Erwartungen und Anforderungen ist es wichtig, die eigenen Werte und Erwartungen an sich
in der Führungsrolle zu reflektieren und sich gegenüber den Erwartungen und Anforderungen von außen zu positionieren.
Letzten Endes geht es darum zu verstehen, wie Menschen "ticken".
Gern teile ich mit Ihnen mein psychologisches Hintergrundwissen.
© Michaela Schlichting